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DR. PRIBILLA KALDENHOFF NEGM

Rechtsanwälte

 
   

 

Die Haftpflicht des Arztes, der Pflegekraft und des Krankenhausträgers

Einführung

Die vertragliche Haftpflicht des Arztes und des Krankenhausträgers

Behandlungsfehler und medizinische Standards

Horizontale und vertikale Arbeitsteilung. Die Anfängeroperation

Organisationspflichten

  1. Einführung

Eine fehlerhafte Behandlung kann verheerende Folgen für den Patienten haben. Der Patient kann durch Fehler, die dem ärztlichen Personal oder dem Pflegepersonal unterlaufen, vermeidbare Schmerzen erleiden. Er kann unheilbar krank bleiben oder werden.
Es ergibt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen Arzt, Pflegekraft und Krankenhaus für die materiellen und immateriellen Folgen einer fehlerhaften Behandlung durch Zahlung von Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld einstehen müssen. Diese Frage nach der Haftpflicht des Arztes, der Pflegekraft bzw. des Krankenhauses ist für den Gesundheitsbetrieb gleichfalls von immenser Relevanz:
Eine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld ist angesichts der hohen Beträge, um die es dabei geht, von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Allerdings wird dieser Gesichtspunkt dadurch gemildert, dass der Arzt oder die Klinik in aller Regel gegen Schadensfälle durch eine (Berufs-) Haftpflichtversicherung abgesichert sind. Die mehrfache Inanspruchnahme einer solchen Versicherung führt jedoch zu Prämienerhöhungen, die das Krankenhaus belasten.
Hinzu kommen mittelbare Effekte, die zusätzlichen - auch wirtschaftlichen - Schaden anrichten: Der Ruf eines Krankenhauses, dass häufiger in Kunstfehlerprozesse verwickelt ist und verurteilt wird, nimmt Schaden, was sich auf die Bereitschaft der Patienten, sich in dem Krankenhaus behandeln zu lassen, negativ auswirkt. Zudem kommt es zu Spannungen zwischen der Klinikleitung einerseits und dem Personal andererseits. Denn häufig ist die Klinikleitung der Ansicht, der betreffende Arbeitnehmer habe seine Pflichten grob fahrlässig verletzt. Der Arbeitnehmer hingegen gibt oft der Klinikleitung die Schuld, indem er dieser vorwirft, sie habe durch mangelhafte Organisation, unterlassene Investitionen oder durch eine unzureichende Personaldecke den Fehler selbst verschuldet. Auch diese Spannungen binden Kräfte im Krankenhaus, die wirtschaftlich sinnvoller eingesetzt werden könnten.
Die dargestellten Umstände erfordern eine Auseinandersetzung mit dem Thema Haftpflicht, damit in der Klinikpraxis umsichtig reagiert werden kann, wenn die Frage eines Behandlungsfehlers im Raume steht. Grundsätzlich bedeutet Haftpflicht die Verpflichtung zum Schadensersatz. Eine solche Haftpflicht kann sich zum einen daraus ergeben, dass der Behandlungsvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt worden ist. Man spricht insoweit von vertraglicher Haftpflicht. Eine Haftpflicht kann sich aber auch aus den Vorschriften der §§ 823 ff. BGB (sog. Unerlaubte Handlung oder Delikt) ergeben. Diese Haftpflicht nennt man deliktische Haftpflicht. Diese beiden Haftungstatbestände können gemeinsam aber auch getrennt zur Anwendung kommen. Vertragliche wie deliktische Haftung setzt Verschulden voraus. Die wesentlichen Unterschiede ergeben sich aus dem Schaubild. Sie werden weiter unten erläutert.
Die Unterschiede im Hinblick auf das Einstehenmüssen für Hilfspersonen sind nur gering, da die Rechtsprechung die Exkulpationsmöglichkeit stark eingeschränkt hat. Hinzu kommt, dass für Organisationsverschulden gleichfalls gehaftet wird. Der BGH führt sogar grundsätzlich aus: "Die einem Arzt bei der Behandlung seines Patienten obliegenden vertraglichen und deliktischen Sorgfaltspflichten sind grundsätzlich identisch"

  1. Die vertragliche Haftpflicht des Arztes und des Krankenhausträgers

Voraussetzungen für die vertragliche Haftpflicht ist:

  • ein wirksamer Behandlungsvertrag

  • ein Behandlungsfehler (objektive Sorgfaltspflichtverletzung). Diese indiziert den subjektiven Sorgfaltspflichtverstoß.

  • eine Gesundheitsbeschädigung. Der Behandlungsfehler allein reicht - auch im vertraglichen Bereich - nicht.

Eine Haftungsbeschränkung etwa auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz, erst recht ein Haftungsausschluß sind unwirksam.
 

  1. Vertragsverhältnisse und Passivlegitimation

Bei der stationären Diagnose und Therapie kommt ein gegenseitiger Vertrag zwischen Patient und Krankenhaus zustande (Behandlungsvertrag). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Patienten um einen Privatpatienten, einen Selbstzahler oder einen Kassenpatienten handelt. In der Regel ist der Krankenhausträger alleiniger Vertragspartner (totaler Krankenhausvertrag). Der Krankenhausträger ist durch diesen Vertrag verpflichtet, ärztliche Leistungen durch seine Bediensteten zu erbringen. Die behandelnden Ärzte und das Pflegepersonal sind daher Erfüllungsgehilfen des Krankenhausträgers im Sinne des § 278 BGB, für deren Verschulden er daher einzutreten hat.
Als Schuldner kommen in Betracht:

  • der niedergelassene Arzt

  • der Chefarzt für seine Privatpraxis und die Krankenhausambulanz
  • der Krankenhausträger
  • der selbstliquidierende Krankenhausarzt für die stationäre Behandlung

Krankenhausträger und Arzt haben für die Fehler der von ihnen herangezogenen Gehilfen nach § 278 BGB einzustehen. Diese können selbst deliktisch haften.
Erfüllungsgehilfe ist, wer rein tatsächlich mit dem Willen des Schuldners, also des Krankenhausträgers oder Arztes, als dessen Hilfsperson tätig wird. Auf eine Weisungsbefugnis kommt es nicht an. Also können auch ein selbständiges Labor oder Institut, ein Zahntechniker und der Consiliarius Erfüllungsgehilfen sein. für letzteren gilt dies nicht, wenn dadurch die Tätigkeit des vorhergehenden Schuldners - wie bei der Überweisung an ein anderes Fach - beendet wird.
Den Krankenhausträger kann eine Haftpflicht treffen aufgrund eines totalen Krankenhausvertrages oder aufgrund eines Krankenhausvertrages mit Arztzusatzvertrag auch für den Chefarzt als seinen Erfüllungsgehilfen. Träger einer Universitätsklinik ist grundsätzlich die Universität, nicht das Land. Fehlen ausdrückliche andere Abreden, so haftet der Krankenhausträger im Rahmen gespaltener Vertragsverhältnisse nicht für Fehler des selbstliquidierenden Arztes, die diesem bei dem persönlich geschuldeten Dienst unterliefen. Zum Pflichtenkreis des Krankenhausträgers indessen gehört es, falls nicht anderes vereinbart, die ärztliche und nichtärztliche Assistenz zu stellen, auf die der selbstliquidierende Arzt angewiesen bleibt. Insoweit droht dem Träger dann auch eine Haftpflicht nach § 278 BGB.
Der Arztvertrag ist ein Dienstvertrag über höhere Dienste. Bei einer Gemeinschaftspraxis kommt der Vertrag mit allen zustande. Die gemeinsame Nutzung von Räumen und Geräten reicht nicht.

  1. Behandlungsfehler und medizinische Standards

Abzustellen ist darauf, wie sich ein gewissenhafter Arzt in der gegebenen Lage verhalten hätte.
Behandlungsfehler ist jede ärztliche (oder pflegerische) Maßnahme, die nach dem Standard der Wissenschaft und Erfahrung die gebotene Sorgfalt vermissen läßt und darum unsachgemäß erscheint.
Der Arzt schuldet die berufsfachlich gebotene, nicht nur die übliche Sorgfalt. Eingerissene Nachlässigkeiten entlasten ihn nicht.
Der Arzt hat den Stand seiner Kenntnisse und den Grad seiner Erfahrenheit zur Zeit der Behandlung im Prozessfalle darzulegen und zu beweisen. Er ist zur fortwährenden beruflichen Fortbildung verpflichtet. Der Arzt hat auch dann gesteigerte Vorsicht walten zu lassen, wenn zwar noch keine gesicherten genauen Erkenntnisse zur Schädlichkeit einer Behandlung vorliegen, wohl aber erste Anzeichen auf schädliche Folgen im Behandlungsfall hindeuten. Auf Fachpublikationen darf er sich in der Regel verlassen, für das Übersehen augenfälliger Fehler haftet er jedoch. Maßstab ist die Gruppenfahrlässigkeit. Besondere Kenntnisse werden aber berücksichtigt: Wer besondere Kenntnisse hat, muss diese auch einsetzen. Überschreitet der Arzt seine fachliche Kompetenz führt dies zu Übernahmeverschulden.
Merke: Der Arzt ist wohl an sich nicht verpflichtet, den Patienten darüber aufzuklären, dass er einen Behandlungsfehler begangen hat (sehr str.). Anderes gilt, wenn nur so die Auswirkung des Fehlers gering gehalten werden können.

  1. Fahrlässigkeit

Ein Sorgfaltspflichtverstoß kann sowohl in einem Diagnosefehler als auch in einem Therapiefehler liegen.

  1. Diagnosefehler

Hier kommen unzureichende Maßnahmen, fehlerhafte Beurteilungen trotz Inanspruchnahme aller Erkenntnismöglichkeiten oder eine unterlassene Diagnose als Sorgfaltspflichtverstoß in Betracht.
Ein mehrdeutiges Krankheitsbild muss durch alle zur Verfügung stehenden Mittel aufgeklärt werden. Auch entfernt liegende Krankheitsursachen hat der Arzt dabei in Erwägung zu ziehen.
Der Arzt muss sich ein eigenes Bild machen, eine Ferndiagnose genügt meist nicht.
Die Krankengeschichte muss erhoben werden.
Fehldiagnosen sind in erster Linie dann Gegenstand der Arzthaftung, wenn Krankheitserscheinungen in völlig unvertretbarer, der Schulmedizin entgegenstehender Weise gedeutet, elementare Kontrollbefunde nicht erhoben werden oder eine Überprüfung der ersten Diagnose im weiteren Behandlungsverlauf unterbleibt, auch wenn die Behandlung keine Wirkung zeigt.1
Ein im Krankenhaus tätiger und am Anfang seiner Berufsausbildung stehender Assistenzarzt, dem kein grober Diagnose- und Behandlungsfehler vorgeworfen werden kann, haftet bei ungeklärtem Kausalverlauf auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Übernahmeverschuldens bei der Diagnosefindung, wenn feststeht, dass ein von ihm hinzugezogener anderer Krankenhausarzt (insbesondere Chefarzt oder Oberarzt) ebenfalls nicht die richtige Diagnose gestellt haben würde.2
Ein schwerwiegender Diagnosefehler liegt vor, wenn Ärzte der Röntgenabteilung einer Klinik einen auf den Röngenbildern erkennbaren Bruch übersehen.2

Auch das Unterlassen einer sorgfältigen Bewegungs- und Sensibilitätsprüfung bei einer Schnittverletzung am Handgelenk führt zu einer Haftung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.3
Die Aufgabe des Notarztes beschränkt sich nicht darauf, nur die akuten Beschwerden des Erkrankten zu behandeln, sondern umfasst wie bei jedem Arzt die Verpflichtung, als fachkundiger Arzt das Krankheitsbild so zuverlässig wie möglich zu ermitteln, wozu auch die Frage nach "weiteren Krankheiten" gehört, um richtig entscheiden zu können, ob die Behandlung durch ihn selbst ausreicht oder ob eine weitere und anderweitige Behandlung, auch eine Untersuchung und Behandlung im Krankenhaus, geboten ist.3
Unterlässt ein Arzt, der Bereitschaftsdienst hat, einen Hausbesuch und werden durch dieses Nichttätigwerden die Leiden des Patienten verlängert, so kann dieser vom Arzt ein Schmerzensgeld verlangen.
Ein im Wege der Vacuumextraktion geborener Säugling ist nach der Vollendung der Geburt von einem Kinderarzt zu untersuchen.
Eine Gesundheitsverletzung im Sinne von § 823 BGB kann auch durch pflichtwidriges Unterlassen - z.B. bei einer trotz Indizien für eine bestehende Schwangerschaft bei vorher eingesetzter Spirale bloß palpatorische Untersuchung durch den Arzt - begangen werden.
Das Unterlassen von üblichen und notwendigen Untersuchungsmaßnahmen kann als grober Behandlungsfehler bewertet werden.
Das Unterlassen eindeutig gebotener und möglicher Diagnoseuntersuchungen ist als grober Behandlungsfehler zu werten, der zur Beweislastumkehr führen kann. Die Frage, ob ein Behandlungsfehler als grob zu beurteilen ist, ist eine vom Gericht zu entscheidende Rechtsfrage.6
Die Schwelle, von der ab ein Diagnoseirrtum als schwerer Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen ist, der dann zu einer Belastung mit dem Risiko der Unaufklärbarkeit des weiteren Ursachenverlaufs führen kann, ist hoch anzusetzen.

Nach neuerer Rechtsprechung gilt: Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, dass der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahe legen oder wahrscheinlich machen muss der Fehler den Schaden hingegen nicht (BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - OLG Braunschweig, LG Braunschweig).

Im Arzthaftungsprozess kann eine Beweislastumkehr für den Kausalitätsnachweis nach den Grundsätzen, die bei groben Behandlungsfehlern dazu entwickelt worden sind, auch dann in Betracht kommen, wenn der Arzt in erheblichem Ausmaß Diagnose- und Kontrollbefunde zum Behandlungsgeschehen nicht erhoben hat und deshalb in besonderem Maß dafür verantwortlich ist, dass die Daten zur Aufdeckung des Behandlungsverlaufs nicht zur Verfügung stehen.
Fehlbehandlungen sind nur dann vorwerfbar, wenn dem Arzt eine Sorgfaltspflichtverletzung zur Last fällt, er insbesondere elementare Kontrollbefunde nicht erhoben oder die erste Diagnose im weiteren Behandlungsverlauf nicht überprüft hat

b. Therapiefehler

Hier sind die Anwendung veralteter und überholter Methoden, unzureichende nachoperative Kontrollen, die Fehlbedienung von Geräten oder die Nichtbeachtung der Kontraindikationen eines Medikamentes typische Sorgfaltspflichtverstöße.
Ein Psychotherapeut handelt unverantwortlich und grob fehlerhaft, wenn er aus eigenem Antrieb oder dem Verlangen einer Patientin folgend persönliche Beziehungen mit emotionaler Bindung begründet.8
Der Arzt muss den Patienten auch über solche alternativen Handlungsmethoden informieren, über deren Risiken die wissenschaftliche Diskussion noch nicht endgültig abgeschlossen ist.8

  1. Horizontale und vertikale Arbeitsteilung. Die Anfängeroperation

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Misslingen der Operation oder eine eingetretene Komplikation nicht auf der mangelnden Erfahrung und Übung des nicht ausreichend qualifizierten Operateurs beruht, tragen die Krankenhausträger und die für die Übertragung der Operation verantwortlichen Ärzte.

  1. Organisationspflichten

Die Planung, Koordination und Kontrolle der klinischen Abläufe sind unter dem Gesichtspunkt organisatorischer Sorgfaltspflichten von zunehmendem Gewicht.
Der leitende Arzt (Chefarzt) muss für die Überwachung des nachgeordneten Personals sorgen. Erforderlich sind klare Regeln über Zuständigkeiten und Vertretungen, über die Behandlungs- und Kontrollführung, über Dokumentation und Patientenaufklärung und über die fachärztliche Bereitschaft im Bedarfsfall. Eine personelle ärztliche Unterversorgung kann zu einer Schadensersatzpflicht des Krankenhausträgers führen. Der Krankenhausträger muss auch ausschließen, dass durch vorhergehenden Nachtdienst übermüdete und deswegen nicht mehr voll einsatzfähige Ärzte zu einer Operation herangezogen werden.

  1. Die deliktische Haftpflicht des Arztes und des Krankenhausträgers

Gesetzliche Grundlage ist § 823 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift muß derjenige, der den Körper, die Gesundheit oder das Leben eines anderen verletzt, diesem den entstandenen Schaden ersetzen.
Eine Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz gem. § 823 BGB besteht nur, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen gegeben sind:

  • Verletzung des Körpers, der Gesundheit und/oder des Lebens
  • Verursachung der Verletzung durch den Haftpflichtigen
  • Widerrechtlichkeit der Verletzung
  • Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Haftpflichtigen
  • Verursachung eines materiellen Schadens durch die Verletzung
  • Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder des Lebens

Eine Körperverletzung ist jeder äußere Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.

Beispiele: Der Schnitt mit dem Skalpell; der Stich mit der Injektionsnadel; das Ziehen eines Zahnes

Eine Gesundheitsverletzung ist die Störung der inneren Lebensvorgänge.

Beispiele: die Narkose; die Verabreichung eines Medikamentes, sofern es nicht nicht völlig wirkungslos ist; die Behandlung mit Röntgenstrahlen

Verletzung des Lebens bedeutet Tötung.

  1. Verursachung der Verletzung durch den Haftpflichtigen (Kausalität)

Nicht jede Verletzung der oben dargestellten Rechtsgüter führt zu einer Haftung auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld. Diese kann nur dann in Betracht kommen, wenn der Haftpflichtige die Verletzung verursacht hat.
Wichtig ist die deliktische Haftung aber vor allem, weil § 847 BGB bei unerlaubten Handlungen auch den Ersatz von immateriellen Schäden, also Schmerzensgeld, vorsieht. Das Schmerzensgeld hat zum einen Ausgleichsfunktion zum anderen hat es aber - namentlich bei grober Fahrlässigkeit - Genugtuungsfunktion.
Der Schmerzensgeldanspruch besteht auch wegen solcher Schmerzen, die erst im weiteren Verlauf des durch den Behandlungsfehler verursachten Schadens auftreten.

Beispiel: Frau Schmidt wird fehlerhaft sterilisiert. Für die bei Schwangerschaft und Geburt auftretenden Schmerzen muß der Arzt Schmerzensgeld zahlen.

Jeder ärztliche Eingriff stellt grundsätzlich eine Körper- oder Gesundheitsverletzung dar.
Die Haftung des Arztes für einen Fehler umfasst regelmäßig auch die Schadensfolgen, die dadurch entstehen, dass die fehlerhafte Behandlung die Inanspruchnahme eines anderen Arztes veranlasste und dieser seinerseits nicht fachgerecht handelte. Erst, wenn zwischen der Erstbehandlung und der Zwehandlung überhaupt kein innerer Zusammenhang mehr besteht oder wenn der Zweitbehandelnde die an ärztliches Handeln zu stellenden Anforderungen in außergewöhnlich hohem Maße verletzt, haftet der erstbehandelnde Arzt nicht.
Die schlechte Konstitution des Patienten die an der Entstehung des Schadens mitwirkte, führt nicht zu einem Ausschluß der Haftung des Arztes

  1. Haftung für Hilfspersonen, Organhaftung

Die Haftung für Verrichtungsgehilfen setzt zunächst voraus, dass der Verrichtungsgehilfe selbst den objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung begangen hat.
Chefärzte sind verfassungsmäßige Vertreter nach den §§ 31, 89 BGB, so dass eine Haftung für von ihnen begangene unerlaubte Handlungen ohne Exkulpationsmöglichkeit besteht.

  1. Beamtete Ärzte

Nach § 839 BGB und Art. 34 GG besteht eine Staatshaftung (Amtshaftung) für rechtswidriges und schuldhaftes Handeln von Beamten. Eine Eigenhaftung des Beamten kommt nur in Betracht im fiskalischen Bereich und bei schlicht-hoheitlichem Handeln in privaten Rechtsformen. Der beamtete Chefarzt im Krankenhaus handelt fiskalisch. Die Beamtenhaftung steht einer Haftung des Arztes aus Vertrag nicht entgegen.

  1. Umfang des Schadensersatzes

Der Patient ist tatsächlich und wirtschaftlich so zu stellen, wie er ohne den Behandlungsfehler da stünde. Der Anspruch auf Schadensersatz umfasst zunächst alles, was zur Beseitigung des Schadens erforderlich ist, also insbesondere die Kosten einer durch den Behandlungsfehler erforderlich gewordenen medizinischen Behandlung. Fiktive Behandlungskosten können nicht verlangt werden.